Erinnerungen im Bücherschrank

Von Peter Bellstedt

Die Woche beginnt neu und mir tut fast alles weh, vor allem das Kreuz, denn wir haben in unserem kleinen Häuschen ein bisschen um arrangiert.

Das obere Wohnstübchen wurde nach unten in ein größeres Zimmer verlagert, was  mit dem Transport einiger Möbelstücke über eine enge Treppe verbunden war. Neben einem geräumigen Bücherregal, das oben bleibt, war da auch ein Schrank mit Glastüren nach unten zu transportieren, der neben meinen Lieblingsbüchern etwas weiter hinten die alten Schätze aus der Zeit, als ich „Lesen“ lernte, enthielt.

Wenn ich Schätze schreibe, dann meine ich das auch so, denn die in Besitz zu bringen, bedurfte einen schnellen täglichen Gang in den Buchladen, weil sie aus Zeiten der DDR stammen. Literatur war sehr aktuell zu dieser Ära, doch ausländische Bücher gab es oft nur in kleinen Auflagen, speziell wenn sie aus dem sog. westlichen Ausland waren.

Da musste man schnell sein bzw. täglich in der Buchhandlung auf der Matte stehen, denn einen Tag später konnten die paar reingekommenen Exemplare schon weg sein, was leider immer wieder passierte. Amazon gab es noch nicht und Internet schon gar nicht.

Das erste älteste Highlight in meiner Sammlung ist von 1966 und zwar Arthur Conan Doyles „Der Hund von Baskerville“. In dem Jahr bin ich aufs Gymnasium, 9.Klasse, damals noch EOS genannt ,gewechselt.

Die folgenden Namen klingen wie eine Ahnengalerie der Kriminalliteratur :

Raymond Chandler „Die Frau im See“ (1967)

Harry Kemelman „Am Freitag schlief der Rabbi lang“ (1968)

Bill S. Ballinger „Bis zur letzten Chance“ (1969)

Chester Himes „Lauf, Nigger, lauf! „ (1972)

Joseph Hayes „An einem Tag wie jeder andere“ (1975).

Mit viel Glück konnte man auch Georges Simenons Maigret oder Olov Svedelid ergattern, von letzteren habe ich 1983 „Sklavenhändler“ erstanden und 1984 „Fahndung nach Monsieur Fontaine“.

Mit der großen Dame des englischen Krimis PD James hatten die Mauerbauer von Ostberlin offenbar auch keine Probleme, man musste die Bücher nur erwischen. Das gelang mir erst 1983 mit „Ein reizender Job für eine Frau“ und 1989 mit „Tod eines Sachverständigen“. Alle anderen Bücher einschließlich ihrer letzten habe ich nach der sog. Wende dazu gesammelt.

So hat ein kleiner Umzug innerhalb des Hauses seine schönen Momente der Erinnerung. Ein richtig kleiner Vorbeimarsch der Geschichte der Kriminalliteratur.

Schade, dass alle genannten Schriftsteller schon tot sind. Doch die lebenden sind ebenso gut, nur die Storys sind eben aktueller.